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Sprachstörungen bei Kindern

 

Worum geht es?

Zwei Kinder flüstern sich was ins Ohr

Sprachstörungen bei Kindern basieren auf Beeinträchtigungen des Spracherwerbsprozesses. Sie können alle Bereiche des Sprachsystems betreffen: Lautsystem/Aussprache (Phonetik/Phonologie), Wortschatz (Semantik/Lexikon), Grammatik/Satzbau (Morphologie/Syntax) und allgemein die Kommunikationsfähigkeit (Pragmatik). Beeinträchtigungen zeigen sich sowohl beim Verstehen und Sprechen, als auch in kommunikativen Situationen und/oder der Entwicklung von schriftsprachlichen Fertigkeiten, d.h. in allen expressiven und rezeptiven Modalitäten.

 

Ursachen

Ein Großteil kindlicher Sprachbeeinträchtigungen sind unklarer Genese, d.h. es liegt kein organischer Befund vor. Zu den bekannten Risikofaktoren zählen:

  • Allgemeine Entwicklungsstörungen
  • Hörstörungen
  • Hirnreifestörungen
  • Familiäre Sprachschwäche mit Krankheitswert
  • Geistige, körperliche Behinderungen, Mehrfachbehinderungen
  • Genetisch bedingte Krankheiten/Syndrome (z.B. Down-Syndrom)
  • Schädel-Hirn-Traumata, entzündliche Hirnprozesse
  • Hirntumore, Hirnoperationen

Erscheinungsformen

 

Sprachentwicklungsverzögerungen

Unter Sprachentwicklungsverzögerungen (SEV) versteht man zeitliche und/oder strukturelle Abweichungen von der normalen Sprachentwicklung.

 

Leitsymptome

 

Beeinträchtigungen des Lautsystems (Phonologie)

Bei einer phonologischen Auffälligkeit hat das Kind Probleme beim Erwerb des Lautinventars, d.h. es erwirbt die Laute oder die Regeln zu ihrer Kombination fehlerhaft oder unvollständig. Dies äußert sich darin, dass es Wörter fehlerhaft ausspricht (z. B. Bume statt Blume). Kinder, bei denen mehr als 5 Laute gestört sind, werden in der Regel von Fremden und z.T. auch in der Familie nicht verstanden. Phonologische Prozesse der Aussprache sind von sprechmotorischen Artikulationsschwierigkeiten abzugrenzen.

 

Wortschatzdefizit (Lexikon/Semantik)

Das Kind hat quantitative und/oder qualitative Probleme beim Erwerb des Wortschatzes. Dies betrifft einerseits das Sprachverständnis für die Wortbedeutung, andererseits die Kategorisierung von Wörtern (z. B. Tier – Hund). Daneben treten Wortabruf- und –speicherstörungen auf. Kinder kompensieren ihr Wortschatzdefizit häufig über Gestik und Mimik. Sie erschließen sich die Bedeutung der Worte und Sätze teilweise nur aus dem situativen Zusammenhang. Dysgrammatismus (Morphologie/Syntax). Der Erwerb des grammatischen Regelsystems ist verändert, d.h. Kinder können Probleme mit der Deklination und Konjugation haben. Der korrekte Satzbau kann ebenfalls verändert sein. Hierzu zählen Umstellungen und Auslassungen von Satzelementen, wobei die falsche Stellung des Verbs besonders auffällig ist.

 

Pragmatische Beeinträchtigungen

Erkennbar sind pragmatische Störungen an einer nicht altersentsprechenden Kompetenz in folgenden Bereichen:

  • Herstellen von Blickkontakt, Gesprächsverhalten (z.B. Beginnen und Aufrechterhalten eines Gesprächs),
  • Beherrschung von Redekategorien (z.B. Frage-Antwort) und
  • unterschiedliche Spielformen (z.B. Rollenspiel, Regelspiel).
Bunstifte und ein Strichmännchen

Entwicklungsdyslexie/-dysgraphie

Hierunter versteht man eine Beeinträchtigung im Erwerb des Lesens und Schreibens. Dabei kommt es (u.a. infolge auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsdefizite) zu Lautverwechslungen und –auslassungen und Fehlern bei der lautgetreuen und/oder orthographischen Umsetzung der gesprochenen in die geschriebene Sprache (Schreiben) und umgekehrt (Lesen).

 

Folgen kindlicher Sprachbeeinträchtigungen

Unbehandelte Sprachauffälligkeiten ziehen sehr häufig unterschiedliche Beeintächtigungen in anderen Entwicklungsbereichen nach sich, die sich nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken.

Dazu zählen insbesondere Verhaltensauffälligkeiten, psychische Störungen, sozial-kommunikative Auffälligkeiten und Lernstörungen mit Auswirkungen auf die Schul- und Berufslaufbahn. Die Lese-Rechtschreibschwäche – LRS – (Entwicklungsdyslexie/-dysgraphie) tritt nicht nur als eigenständiges Störungsbild, sondern auch als häufige Folge einer Sprachentwicklungsstörung auf.

 

Die logopädische Behandlung

 

Ziel der Behandlung

Behandlungsziel jeder logopädischen Therapie ist die optimale Förderung der Kommunikationsfähigkeit des Kindes in unterschiedlichen sozialen Kontexten (Familie, Freundeskreis, Kindergarten, Schule). Dabei wird die sprachliche Entwicklung/Kompetenz des Kindes soweit gefördert, wie es seine individuellen Möglichkeiten zulassen. Die Therapie soll die eigene Entwicklung des Kindes in Gang setzen/unterstützen, seine Entwicklungsbedingungen verbessern und nach Möglichkeit Sekundärschäden vermeiden.

 

Behandlungsformen

Vor jeder Behandlung wird eine der Beeinträchtigung und dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechende Diagnostik durchgeführt. Danach wird die Behandlung in der Regel in Einzeltherapie begonnen und parallel dazu Elternberatung durchgeführt. Die Mitarbeit der Eltern ist von entscheidender Bedeutung, da viele Übungen mit dem Kind täglich durchgeführt werden müssen bzw. ein spezielles Sprachvorbild durch die Eltern erforderlich ist. Teilweise gibt es Angebote für Gruppentherapien. Bei Transport- oder Gehunfähigkeit kann die Behandlung im häuslichen Bereich des Kindes erfolgen.

 

Zielbereiche

  • Wahrnehmung
  • Sprachverständnis
  • Sprachproduktion (Wortschatz, Lautinventar,Grammatik)
  • Lesen/Schreiben
  • Störungsspezifische kognitive Fähigkeiten
  • Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Hilfsmittelversorgung

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung

Die logopädische Therapie sollte so frühzeitig wie möglich beginnen, d.h. sobald eine Entwicklungsstörung von einer Entwicklungsvariante differenzialdiagnostisch unterschieden werden kann. Logopäden behandeln Kinder im Alter von 0 –3 Jahren (Frühförderbereich), 3 – 6 Jahre (Vorschulbereich) und Schulkinder.

 

Eine Therapieeinheit beträgt in der Regel 45 Minuten. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und dem Erscheinungsbild). Die wöchentliche Therapiefrequenz ist abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes, den häuslichen Gegebenheiten, der Art der Therapie und beträgt in der Regel 1– 3 mal pro Woche.