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Sprechstörungen bei Kindern

 

Worum geht es?

Magnet-Buchstaben auf einem Tisch

Sprechschwierigkeiten bei Kindern treten häufig im Rahmen von Entwicklungsverzögerungen, -störungen oder -behinderungen auf. Es handelt sich dabei um zentral oder peripher bedingte motorische Beeinträchtigungen der ausführenden Sprechorgane. Die Aussprache des Kindes ist gekennzeichnet durch falsch gebildete Laute und Lautersetzungen und/oder mangelnde Artikulationsgenauigkeit und -geschwindigkeit und/oder durch Veränderungen im Sprechablauf (Stottern, Poltern).

 

Ursachen

Ein Großteil kindlicher Sprechstörungen sind unklarer Genese. Zu den bekannten Ursachen von Sprechschwierigkeiten gehören:

  • Allgemeine Entwicklungsbeeinträchtigungen, -verzögerungen, -behinderungen
  • Familiäre Sprachschwäche mit Krankheitswert
  • Hörstörungen
  • Hirnreifestörungen
  • Geistige, körperliche Behinderungen, Mehrfachbehinderungen
  • Genetisch bedingte Krankheiten/Syndrome (z.B. Down-Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten)
  • Schädel-Hirn-Traumata, entzündliche Hirnprozesse
  • Hirntumore, Hirnoperationen
  • Orofaciale Dysfunktionen (Störungen der Mundmotorik)

Erscheinungsformen

 

Veränderung der Artikulation/Aussprache:

Es handelt sich hierbei um eine Problematik des Lauterwerbs und Lautgebrauchs. Bei einer Artikulationsstörung ist die motorische Musterbildung betroffen, d.h. die Kinder bilden den Ziellaut nicht in der Weise, wie dies korrekt wäre (z.B. Sigmatismus interdentalis, „Lispeln“).

 

Leitsymptome bei Artikulationsstörungen:

Störungen in der Laut- und Lautverbindungsbildung (falsch gebildete Laute, Lautersetzungen) und Veränderung des orofazialen Muskelgleichgewichts.

 

Dysarthrie:

Dysarthrien beschreiben Ungenauigkeiten in der Ausführung von Sprechbewegungen und/oder der Koordination von Atmung, Stimme und Artikulation aufgrund angeborener oder erworbener Hirnstörungen.

 

Leitsymptome bei Dysarthrie:

Vermehrter oder verminderter Speichelfluss, veränderte Atemkontrolle, verminderte Atemkapazität, verlangsamte/eingeschränkte Beweglichkeit von Lippen, Zunge, Gaumen und Kiefer, veränderte Lautbildung/Artikulation, undeutliche Aussprache, Näseln, veränderter Stimmklang, eingeschränkte Prosodie (Sprechmelodie), veränderte Lautstärke, veränderter Sprechrhythmus.

 

Verbale Entwicklungsdyspraxie:

Verbale Entwicklungsdyspraxien beschreiben zentrale Veränderungen der Planung der Sprechmotorik, die nicht durch eine Funktionseinschränkung der am Sprechakt beteiligten Organe zu erklären sind. Es handelt sich vielmehr um eine Veränderung in der Planung der Sprechmotorik.

 

Leitsymptome bei verbaler Entwicklungsdyspraxie:

Auffälligkeit in der Lautbildung mit hoher Variabilität der Fehler, artikulatorische Suchbewegungen, deutliche Sprechanstrengung; unwillkürliche Bewegungsmuster können besser realisiert werden als willkürliche Sprechleistungen.

 

Veränderung im Sprechablauf, Redeflußstörungen

 

Kinderhand mit Fingerfarbe

Stottern:

Art und Ausmaß des Stotterns sind situationsabhängig und können großen Schwankungen unterworfen sein. Stotternde leiden häufig unter ausgeprägtem Störungsbewusstsein. Begleitsymptome resultieren aus dem Versuch, die eigentlichen Stottersymptome zu überwinden und sind erlernt.

5% aller Kinder haben, bedingt durch eine Veranlagung, in ihrer Entwicklung eine Phase, in der sie stottern. Der Beginn liegt meist zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr, spätestens jedoch bis zum Alter von 12 Jahren. Stottern ist kein normales Phänomen der Sprechentwicklung. Ungefähr 75% dieser Kinder überwinden ihr Stottern wieder. Eine logopädische Diagnostik mit Beratung und ggf. Therapie ist nötig, wenn das Kind unter seinem veränderten Sprechen leidet, oder Zeichen von Anstrengung oder Vermeidung beim Sprechen sichtbar werden, oder wenn die Eltern verunsichert sind.

 

Leitsymptome bei Stottern:

Kernsymptome: unfreiwillige Wiederholungen von Teilwörtern, Silben oder Lauten, Dehnungen von Lauten und/oder Blockierungen von Wörtern. Begleitsymptome: Sprechangst, Vermeidungsverhalten, Körpermitbewegungen, Einschieben von Füllwörtern.

 

Poltern:

Poltern ist im Gegensatz zum Stottern von einem überschießenden, sehr schnellen Sprechen gekennzeichnet.

Die Aussprache ist aufgrund des Missverhältnisses von Sprechtempo und artikulatorischer Fähigkeit und Defiziten in der Wahrnehmung häufig sehr undeutlich und verwaschen. Ein Störungsbewusstsein oder Leidensdruck ist bei Polterern selten vorhanden.

 

Die logopädische Behandlung

 

Ziel der Behandlung

Das allgemeine Behandlungsziel ist, die sprachliche Entwicklung des Kindes soweit zu fördern, wie die individuellen Möglichkeiten es zulassen. Eine Therapie soll die eigenen Entwicklung des Kindes in Gang setzen. Weiterhin soll eine Therapie die Entwicklungsbedingungen des Kindes verbessern, Sekundärschäden vermeiden und im Einzelfall die fehlenden sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten durch Hilfsmittel kompensieren. Dazu gehört auch der Einsatz unterstützender Kommunikationsmittel (z.B. Einsatz einer elektronischen Kommunikationshilfe) bei behinderten Kindern.

 

Behandlungsformen

Vor jeder Behandlung wird eine der Beeinträchtigung und dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechende Diagnostik durchgeführt. Danach wird die Behandlung in der Regel in Einzeltherapie begonnen und parallel dazu Elternberatung durchgeführt. Die Mitarbeit der Eltern ist von entscheidender Bedeutung, da viele Übungen mit dem Kind täglich durchgeführt werden müssen bzw. ein spezielles Sprachvorbild durch die Eltern erforderlich ist. Teilweise gibt es Angebote für Gruppentherapien. Bei Transport- oder Gehunfähigkeit kann die Behandlung im häuslichen Bereich des Kindes erfolgen.

 

Zielbereiche

  • Wahrnehmung
  • Atmung, Haltung/Tonus
  • Sprech-/Schluckmotorik
  • Artikulation/Lautbildung
  • Sprechablauf
  • Störungsspezifische kognitive Fähigkeiten
  • Störungsspezifische Krankheitsverarbeitung
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Hilfsmittelversorgung

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung

Die logopädische Therapie sollte so frühzeitig wie möglich beginnen, d.h. sobald eine Entwicklungsstörung von einer Entwicklungsvariante differenzialdiagnostisch unterschieden werden kann. Logopäden behandeln Kinder im Alter von 0 –3 Jahren (Frühförderbereich), 3 – 6 Jahre (Vorschulbereich) und Schulkinder. Eine Therapieeinheit beträgt in der Regel 45 Minuten. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und dem Störungsbild). Die wöchentliche Therapiefrequenz ist abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes, den häuslichen Gegebenheiten, der Art der Therapie und beträgt in der Regel 1– 3 mal pro Woche.